Wie erhalte ich als GmbH-Gesellschafter Einsicht in Unterlagen der Gesellschaft?
Als Gesellschafter einer GmbH steht Ihnen ein fundamentales Recht zu: das Recht auf Einsicht in die Gesellschaftsunterlagen. Gerade bei Unstimmigkeiten innerhalb der Gesellschaft ist das Einsichtsrecht von zentraler Bedeutung. Es ermöglicht Ihnen, die tatsächlichen Gegebenheiten innerhalb der Gesellschaft eigenständig zu überprüfen, etwaige Unregelmäßigkeiten aufzudecken und Ihre Interessen als Gesellschafter wahrzunehmen.
Doch welche Schritte sind konkret notwendig, um Einsicht in die Unterlagen der GmbH zu erhalten? Welche rechtlichen Grundlagen gibt es, und wie weitreichend ist das Einsichtsrecht? In diesem Beitrag möchten wir diese Fragen ausführlich beleuchten.
1. Warum ist die Einsicht in die Gesellschaftsunterlagen für GmbH-Gesellschafter wichtig?
Das Recht auf Einsichtnahme in die Unterlagen der GmbH ist ein Grundpfeiler der Gesellschafterrechte. Das Einsichtsrecht soll gewährleistet, dass der Gesellschafter Zugang zu den Informationen erhält, die notwendig sind, um seine übrigen Gesellschafterrechte sachgerecht wahrnehmen zu können.
Das Einsichtsrecht ermöglicht Ihnen,
- die finanzielle Situation der GmbH zu prüfen,
- die Einhaltung gesetzlicher und gesellschaftsrechtlicher Vorgaben zu überwachen,
- sich über die Geschäftsführung zu informieren,
- dem Verdacht auf Unregelmäßigkeiten nachzugehen,
- Ihr Stimmrecht in der Gesellschafterversammlung sachgerecht, d.h. auf Grundlage der notwendigen Sachkenntnis auszuüben.
Das Einsichtsrecht ist essenziell, um die Interessen als Gesellschafter wirksam wahrnehmen zu können.
2. Wo ist das Einsichtsrecht geregelt?
Der Anspruch auf Einsicht in die Gesellschaftsunterlagen einer GmbH ist im GmbH-Gesetz (GmbHG) geregelt. Nach § 51a GmbHG haben Gesellschafter das Recht, die Bücher und Unterlagen der Gesellschaft einzusehen, um sich über die Angelegenheiten der GmbH zu informieren.
§ 51a Auskunfts- und Einsichtsrecht
(1) Die Geschäftsführer haben jedem Gesellschafter auf Verlangen unverzüglich Auskunft über die Angelegenheiten der Gesellschaft zu geben und die Einsicht der Bücher und Schriften zu gestatten.
(2) Die Geschäftsführer dürfen die Auskunft und die Einsicht verweigern, wenn zu besorgen ist, daß der Gesellschafter sie zu gesellschaftsfremden Zwecken verwenden und dadurch der Gesellschaft oder einem verbundenen Unternehmen einen nicht unerheblichen Nachteil zufügen wird. Die Verweigerung bedarf eines Beschlusses der Gesellschafter.
(3) Von diesen Vorschriften kann im Gesellschaftsvertrag nicht abgewichen werden.
Das in § 51a GmbHG geregelte Einsichtsrecht kann nicht durch den Gesellschaftsvertrag ausgeschlossen werden. Regelungen im Gesellschaftsvertrag, die das Einsichtsrecht des Gesellschafters ausschließen, sind unwirksam. Dies ergibt sich aus § 51a Abs. 3 GmbHG.
3. Welche Unterlagen der Gesellschaft können eingesehen werden und bei wem mache ich mein Unterlageneinsichtsrecht geltend?
Das Einsichtsrecht bezieht sich auf alle Bücher und Schriften der Gesellschaft, d.h. sämtliche Geschäftsunterlagen. Dabei ist unbeachtlich, ob die Geschäftsunterlagen in Papierform oder in elektronisch gespeicherter Form existieren.
Das Einsichtsgesuch ist an den Geschäftsführer der Gesellschaft zu richten. Dieser hat dem Gesellschafter unverzüglich, d.h. ohne schuldhaftes Zögern Einsicht in die Bücher und Schriften der Gesellschaft zu gewähren. Dem Geschäftsführer ist dabei ausreichend Zeit für die Prüfung des Einsichtsverlangens und dessen Berechtigung zuzubilligen.
4. Kann die Gesellschaft die Gewährung des Unterlageneinsichtsrechts verweigern?
Auch wenn das Recht auf Unterlageneinsicht im Gesellschaftsvertrag nicht ausgeschlossen werden kann, besteht das Einsichtsrecht, wie § 51a Abs. 2 GmbHG zeigt, nicht uneingeschränkt. Eine Verweigerung der Gewährung der Unterlageneinsicht ist insbesondere zulässig, wenn die konkrete Gefahr besteht, dass der Gesellschafter die sich aus den Unterlagen ergebenden Informationen zu gesellschaftsfremden Zwecken verwendet und der Gesellschaft dadurch einen nicht unerheblichen Nachteil zufügt. Hiervon erfasst werden beispielsweise Fallkonstellationen, in denen die konkrete Gefahr besteht, dass der Gesellschafter die in Unterlagen niedergeschriebenen Geschäftsgeheimnisse an ein Konkurrenzunternehmen verrät oder mit den Informationen selbst ein Konkurrenzunternehmen aufbauen möchte.
Besteht die konkrete Gefahr der Verwendung der Informationen zu gesellschaftsfremden Zwecken, muss der Geschäftsführer das Einsichtsverlangen des Gesellschafters zurückweisen. Wird das Einsichtsrechts verwehrt, hat der Geschäftsführer unverzüglich eine Gesellschafterversammlung einzuberufen und einen entsprechenden Beschluss der Gesellschafter herbeizuführen. Der die Einsicht begehrende Gesellschafter ist bei dieser Beschlussfassung nicht stimmberechtigt. Der Geschäftsführer ist an das Ergebnis der im Rahmen der Gesellschafterversammlung erfolgten Beschlussfassung gebunden.
5. Wie gehe ich gegen eine unzulässige Verweigerung vor?
Wird einem Gesellschafter das Einsichtsrecht verwehrt, kann der betroffene Gesellschafter eine gerichtliche Entscheidung über das Bestehen des Einsichtsrechts herbeiführen. Dies erfolgt im Rahmen des so genannten Informationserzwingungsverfahren nach § 51b GmbHG.
§ 51b Gerichtliche Entscheidung über das Auskunfts- und Einsichtsrecht
Für die gerichtliche Entscheidung über das Auskunfts- und Einsichtsrecht findet § 132 Abs. 1, 3 und 4 des Aktiengesetzes entsprechende Anwendung. Antragsberechtigt ist jeder Gesellschafter, dem die verlangte Auskunft nicht gegeben oder die verlangte Einsicht nicht gestattet worden ist.
Zuständig für das Informationserzwingungsverfahren ist das zuständige Landgericht bzw. die dortige Kammer für Handelssachen. Eine Frist zur Einleitung des Informationserzwingungsverfahren besteht nicht. Allerdings kann bei zu langem Zuwarten dem Antragsrecht der Einwand der Verwirkung entgegengehalten werden.
Sie haben Fragen zu Ihrem Einsichtsrecht?
FAQ – Häufig gestellte Fragen zum Einsichtsrecht des Gesellschafters
Steht das Einsichtsrecht auch einem Minderheitsgesellschafter zu?
Ja, das Einsichtsrecht steht auch dem Minderheitsgesellschafter zu.
Ist einem ausgeschiedenen Gesellschafter Einsicht in Unterlagen der Gesellschaft zu gewähren?
Der ausgeschiedene Gesellschafter hat keinen Anspruch auf Unterlageneinsicht. Nach seinem Ausscheiden hat er jedoch gegenüber der Gesellschaft einen Informationsanspruch, soweit es um berechnungsrelevante Tatsachen geht – etwa zur Ermittlung seines Abfindungsanspruchs.
Wer trägt die Kosten, die durch die Gewährung der Unterlageneinsicht entstehen?
Die Gesellschaft und der Gesellschafter tragen die ihnen entstehenden Kosten jeweils selbst.
Darf der einsichtnehmende Gesellschafter Kopien machen?
Der Gesellschafter darf im Rahmen des Einsichtstermins Kopien der Unterlagen fertigen, sofern keine schutzwürdigen Interessen der Gesellschaft entgegenstehen.
Kann der Gesellschafter sich von einer sachkundigen Person (Rechtsanwalt oder Steuerberater) begleiten lassen?
Der Gesellschafter kann sich von einer sachkundigen, beruflich zur Verschwiegenheit verpflichteten Person (z.B. Wirtschaftsprüfer, Steuerberater oder Rechtsanwalt) begleiten lassen, sofern dies für sein Verständnis der Unterlagen notwendig ist.
