Wie Sie sich erfolgreich gegen die Einziehung Ihrer GmbH-Geschäftsanteile wehren
Stellen Sie sich vor: Sie erhalten Post von Ihrer GmbH – darin eine Einladung zur Gesellschafterversammlung, auf der Ihr Geschäftsanteil eingezogen werden soll. Ohne Ihr Zutun, möglicherweise sogar ohne klare Begründung. Für viele Gesellschafter ist das ein Schockmoment. Was viele jedoch nicht wissen: Die Einziehung eines GmbH-Anteils ist rechtlich nur unter engen Voraussetzungen möglich und in der Praxis oft angreifbar. In diesem Beitrag erfahren Sie, wie Sie sich effektiv gegen die Einziehung Ihres Geschäftsanteils wehren können und wann anwaltliche Unterstützung sinnvoll ist.
1. Was bedeutet die Einziehung eines GmbH-Anteils – und was steht auf dem Spiel?
Die Einziehung eines Geschäftsanteils bedeutet, dass der Geschäftsanteil vernichtet wird. Mit Wirksamkeit der Einziehung verlieren Sie Ihre Gesellschafterstellung und alle damit einhergehenden Rechte, also insbesondere:
- Ihr Stimmrecht in der Gesellschafterversammlung,
- Ihre Gewinnbezugsrechte,
- Ihre Informationsrechte,
- Ihren gesamten Einfluss auf die Geschicke der GmbH.
In vielen Fällen geht es dabei nicht nur um Geld, sondern auch um Vertrauen, Einfluss und unternehmerische Zukunft. Der Eingriff ist schwerwiegend – entsprechend hoch sind die Anforderungen an die rechtliche Zulässigkeit einer Einziehung.
2. Wann ist die Einziehung überhaupt erlaubt?
Entscheidend ist, dass die Einziehung nicht einfach nach Gutdünken erfolgen darf. Es müssen die gesetzlichen Voraussetzungen der Einziehung nach § 34 GmbH vorliegen:
§ 34 Einziehung von Geschäftsanteilen
(1) Die Einziehung (Amortisation) von Geschäftsanteilen darf nur erfolgen, soweit sie im Gesellschaftsvertrag zugelassen ist.
(2) Ohne die Zustimmung des Anteilsberechtigten findet die Einziehung nur statt, wenn die Voraussetzungen derselben vor dem Zeitpunkt, in welchem der Berechtigte den Geschäftsanteil erworben hat, im Gesellschaftsvertrag festgesetzt waren.
(3) Die Bestimmung in § 30 Abs. 1 bleibt unberührt.
Eine Einziehung von GmbH-Geschäftsanteilen ist nur dann rechtlich zulässig, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt ist:
- Der Gesellschaftsvertrag enthält eine Regelung zur Einziehung.
- Der betroffene Gesellschafter stimmt der Einziehung (freiwillig) zu oder
- es liegen die für eine Zwangseinziehung notwendigen, im Gesellschaftsvertrag beschriebenen Einziehungsgründe vor. Häufig findet sich im Gesellschaftsvertrag eine Regelung, wonach die Einzeihung des Geschäftsanteils bei Vorliegen eines wichtigen Grundes möglich ist.
Wichtig: Ohne gesellschaftsvertragliche Grundlage ist eine Einziehung rechtlich angreifbar.
3. Wie Sie sich effektiv gegen eine Einziehung wehren können
Sollte Ihnen die Einziehung Ihres Geschäftsanteils drohen oder bereits ein entsprechender Gesellschafterbeschluss vorliegen, haben Sie folgende Verteidigungsstrategien:
- Wirken Sie darauf hin, dass die Gesellschafterversammlung, auf der die Einziehung Ihrer Geschäftsanteile beschlossen werden soll, abgesagt wird. Womöglich gibt es Einladungsmängel, die einer wirksamen Durchführung der Gesellschafterversammlung entgegenstehen, oder Sie können Ihre Mitgesellschafter überzeugen, dass die Vorwürfe haltlos sind und Ihre Mitgesellschafter sehen von der Durchführung der Gesellschafterversammlung ab.
- Nehmen Sie Einfluss auf den Ablauf der Gesellschafterversammlung, indem Sie auf die Wahl eines Ihnen freundlich gesinnten Versammlungsleiters hinwirken. Dies kann sich positiv auswirken, etwa wenn der Versammlungsleiters entscheiden muss, ob Sie bei der Abstimmung einem Stimmrechtsverbot unterliegen und ob er das mehrheitliche Zustandekommen des Einziehungsbeschlusses förmlich feststellt. Tragen Sie vor der Abstimmung zudem Argumenten vor, warum die Einziehung Ihrer Geschäftsanteile nicht gerechtfertigt ist und ziehen Sie so unentschlossene Mitgesellschafter auf Ihre Seite.
- Kommt trotz Ihrer Bemühungen ein Einziehungsbeschluss zustande, erheben Sie Nichtigkeitsfeststellungsklage bzw. Anfechtungsklage – und zwar fristgerecht
- Sichern Sie Ihre Gesellschafterstellung durch einstweilige Verfügung ab. So behalten Sie Ihre Gesellschafterrecht bis zur abschließenden Klärung der Wirksamkeit des Einziehungsbeschlusses.
- Setzen Sie eine faire Abfindung durch, sollte sich die Einziehung Ihres Geschäftsanteils nicht mehr verhindern lassen.
Wichtig: Viele Einziehungen scheitern an Formfehlern – zum Beispiel, weil die Einladung zur Gesellschafterversammlung fehlerhaft war – oder weil ein wichtiger Grund nur vorgeschoben wurde.
4. Praxisfall: So konnte ein Gesellschafter seinen Anteil retten
In einem aktuellen Fall wurde die Einziehung eines 25%-Anteils mit der Begründung illoyalen Verhaltens beschlossen. Die Gesellschaft hatte jedoch keinerlei Beweise für ein tatsächliches Fehlverhalten. Durch eine Anfechtungsklage konnte der Gesellschafter erfolgreich dagegen vorgehen:
- Der Einziehungsbeschluss wurde vom Gericht für unwirksam erklärt.
- Der Gesellschafter behielt seinen Anteil samt Stimmrecht und Gewinnbezugsrechte.
- Die Gesellschaft wurde zur Tragung der Prozesskosten verpflichtet.
5. Was tun, wenn Sie betroffen sind?
Erhalten Sie Kenntnis von einer beabsichtigten Einziehung Ihrer GmbH-Geschäftsanteil, handeln Sie schnell. Lassen Sie sich frühzeitig von einem Fachanwalt für Gesellschaftsrecht beraten, um optimale Verteidigungsstrategien zu entwickeln. Womöglich lässt sich die Angelegenheit bereits vor einem Einziehungsbeschluss bereinigen. Gelingt dies nicht oder liegt bereits ein Einziehungsbeschluss vor, ist gegen den Beschluss üblicherweise mit der Anfechtungsklage vorzugehen. Auch hier ist Eile geboten. Die Anfechtungsfrist von einem Monat darf nicht verpasst werden.
Sie haben Fragen zur Einziehung von Geschäftsanteilen?
FAQ – Häufig gestellte Fragen zur Einziehung von GmbH-Anteilen
Was ist Voraussetzung für eine wirksame Einziehung?
Voraussetzung für die wirksame Einziehung ist das Vorliegen eines gesellschaftsvertraglich geregelten Einziehungsgrundes, ein entsprechender Beschluss der Gesellschafterversammlung und die Mitteilung der Einziehung gegenüber dem betroffenen Gesellschafter.
Muss ich der Einziehung zustimmen?
Nur bei der freiwilligen Einziehung. Bei der Zwangseinziehung ist Ihre Zustimmung nicht erforderlich, sofern ein im Gesellschaftsvertrag genannter Einziehungsgrund vorliegt.
Was passiert, wenn ich nach dem Einziehungsbeschluss nichts unternehme?
Hat der Versammlungsleiter den Einziehungsbeschluss förmlich festgestellt und Sie bleiben daraufhin untätig, laufen Sie Gefahr, Ihren GmbH-Geschäftsanteil und damit Ihre Gesellschaftsrechte dauerhaft zu verlieren.
Ist die Zahlung einer Abfindung Voraussetzung für eine wirksame Einziehung?
Nein, die Zahlung einer Abfindung ist nicht Voraussetzung für eine wirksame Einziehung.
Was passiert, wenn ich den Einziehungsbeschluss erfolgreich mit der Anfechtungsklage angegriffen habe?
Wird ein Einziehungsbeschluss erfolgreich angefochten, so ist die Einziehung unwirksam. Der betroffene Gesellschafter bleibt Gesellschafter der GmbH.
Was passiert, wenn keine oder nur eine symbolische Abfindung gezahlt wird?
Dann können Sie gerichtliche Schritte einleiten, um eine marktgerechte Abfindung zu erhalten.
Kann ich meinen GmbH-Geschäftsanteil auch dann verlieren, wenn der Gesellschaftsvertrag keine Regelung zur Einziehung enthält?
Eine Einziehung des Geschäftsanteils ist dann nicht möglich. Allerdings können Sie unter Umständen auf gerichtlichem Weg mittels Ausschlussklage aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden.
Ist es sinnvoll, einen Rechtsanwalt einzuschalten?
Ja, denn die Thematik ist komplex und die Fristen kurz. Frühzeitige anwaltliche Unterstützung durch einen Fachanwalt für Gesellschaftsrecht verbessert Ihre Position erheblich.
