Was muss ich als Gesellschafter beachten, wenn der einzige Geschäftsführer der GmbH wegfällt?

Der Geschäftsführer ist das für die Geschäftsführung zuständige Organ einer GmbH. Er trifft Entscheidungen, vertritt die Gesellschaft nach außen und sorgt für den reibungslosen Geschäftsbetrieb. Doch was geschieht, wenn der einzige Geschäftsführer – etwa aufgrund interner Konflikte – abberufen wird oder von sich aus zurücktritt? In diesem Beitrag erfahren Sie, wie Sie als Gesellschafter in einer solchen Situation richtig handeln.

1. Warum ist der Wegfall des Geschäftsführers so kritisch?

Ist nur ein Geschäftsführer bestellt und fällt dieser weg, ist die GmbH nicht mehr handlungsfähig. Es können weder operative Entscheidungen getroffen noch Verträge abgeschlossen oder gekündigt werden. Die Führungslosigkeit beeinträchtigt nicht nur den laufenden Betrieb, sondern kann im schlimmsten Fall die wirtschaftliche Existenz des Unternehmens gefährden.

2. Aus welchen Gründen kann die Gesellschaft den Geschäftsführer verlieren?

Der Wegfall des Geschäftsführers kann verschiedene Ursachen haben:

  • Abberufung: Diese ist grundsätzlich jederzeit mit einfacher Mehrheit der Gesellschafterversammlung möglich – vorbehaltlich abweichender Regelungen im Gesellschaftsvertrag. Ist der Geschäftsführer zugleich Gesellschafter, darf er bei einem Abberufungsbeschluss grundsätzlich mit abstimmen. Wird die Abberufung jedoch auf einen wichtigen Grund gestützt, unterliegt er einem Stimmverbot.
  • Amtsniederlegung: Der Geschäftsführer kann sein Amt jederzeit und ohne Frist niederlegen. Mit der Niederlegung endet seine Organstellung.
  • Einvernehmliche Aufhebung: Der Geschäftsführer und das für Bestellung und Abberufung zuständige Organ – in der Regel die Gesellschafterversammlung – können das Organverhältnis einvernehmlich beenden.
  • Tod des Geschäftsführers

Fehlt der Geschäftsführer, gilt die GmbH gemäß § 35 Abs. 1 Satz 2 GmbHG als führungslos:

§ 35 Vertretung der Gesellschaft

(1) Die Gesellschaft wird durch die Geschäftsführer gerichtlich und außergerichtlich vertreten. Hat eine Gesellschaft keinen Geschäftsführer (Führungslosigkeit), wird die Gesellschaft für den Fall, dass ihr gegenüber Willenserklärungen abgegeben oder Schriftstücke zugestellt werden, durch die Gesellschafter vertreten. […]

3. Was ist im Falle der Führungslosigkeit zu tun?

✓ Wirksamkeit der Amtsbeendigung prüfen

Zunächst sollte geklärt werden, ob tatsächlich eine wirksame Abberufung oder Amtsniederlegung erfolgt ist. Ist dies nicht der Fall – etwa wegen eines nichtigen Beschlusses oder einer unwirksamen Amtsniederlegung – liegt keine Führungslosigkeit vor, und die GmbH ist weiterhin handlungsfähig.

✓ Schnellstmögliche Bestellung eines neuen Geschäftsführers

Liegt eine wirksame Amtsbeendigung vor, ist die GmbH führungslos und damit nicht mehr in der Lage, rechtsverbindliche Geschäfte zu tätigen. Die Gesellschafter sollten daher umgehend einen neuen Geschäftsführer bestellen. Hierzu muss eine Gesellschafterversammlung einberufen werden.

Da dies in der Regel dem Geschäftsführer obliegt – der nun fehlt – kann nach § 50 Abs. 3 GmbHG jeder Gesellschafter, der mindestens 10 % des Stammkapitals hält (allein oder gemeinsam mit anderen), die Einberufung selbst vornehmen. Können die Gesellschafter sich nicht auf einen neuen Geschäftsführer einigen – etwa wegen interner Streitigkeiten –, kann das zuständige Registergericht auf Antrag eines Gesellschafters einen Notgeschäftsführer bestellen.

✓ Ersatzzuständigkeiten der Gesellschafter beachten

Wichtig: Während der Phase der Führungslosigkeit gehen bestimmte Aufgaben auf die Gesellschafter über:

  • Empfangszuständigkeit: Willenserklärungen (z.B. Kündigungen) und Schriftstücke können an jeden Gesellschafter gerichtet bzw. zugestellt werden – auch an die Privatanschrift.
  • Insolvenzantragspflicht (§ 15a Abs. 3 InsO): Erhält ein Gesellschafter Kenntnis von der Insolvenzreife, ist er verpflichtet, unverzüglich einen Insolvenzantrag zu stellen. Kommt er dieser Pflicht nicht nach, drohen zivil- und strafrechtliche Konsequenzen wegen Insolvenzverschleppung. Daher ist es unerlässlich, die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft im Blick zu behalten und bei Bedarf rechtzeitig zu handeln.

4. Fazit

Der Wegfall des einzigen Geschäftsführers stellt eine ernsthafte Herausforderung für die GmbH dar. Die Gesellschafter sind in der Pflicht, rasch einen neuen Geschäftsführer zu bestellen, um die Handlungsfähigkeit der Gesellschaft wieder herzustellen und persönliche Haftungsrisiken zu vermeiden.

Sie haben Fragen zu den Pflichten des Gesellschafters oder zur Geschäftsführung  ?

FAQ – Häufig gestellte Fragen zur Beendigung der Geschäftsführertätigkeit und Führungslosigkeit der GmbH

Nein. Die Organstellung als Geschäftsführer und das Geschäftsführeranstellungsverhältnis sind zwei rechtlich getrennte Verhältnisse. Die Bestellung zum Geschäftsführer begründet die Organstellung, die in der Regel durch Abberufung oder Amtsniederlegung endet. Der Geschäftsführeranstellungsvertrag hingegen regelt z. B. Vergütung. Er muss gesondert abgeschlossen und gekündigt werden. Durch eine sogenannte Kopplungsklausel kann aber ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen beiden Verhältnissen hergestellt und das Schicksal des Geschäftsführeranstellungsvertrags an das der Organstellung geknüpft werden.

Grundsätzlich ja. In bestimmten Konstellationen kann eine Amtsniederlegung jedoch rechtsmissbräuchlich und damit unwirksam sein – etwa, wenn der Geschäftsführer zugleich Allein- oder Mehrheitsgesellschafter ist und durch seine Amtsniederlegung die Gesellschaft führungslos wird. Gleiches gilt, wenn die Amtsniederlegung lediglich dazu dient, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu verzögern oder der Gesellschaft anderweitig zu schaden.

Nein. Entscheidend ist allein, ob die Amtsbeendigung wirksam ist und nicht, ob der Geschäftsführer noch im Handelsregister verzeichnet ist bzw. die Amtsbeendigung im Handelsregister eingetragen wurde.

Nein. Die bloße Handlungsunwilligkeit oder -unfähigkeit eines Geschäftsführers begründet keine Führungslosigkeit im Sinne des GmbH-Gesetzes. Gleiches gilt bei faktischer Verhinderung des Geschäftsführers.

Julian Veith, LL.M.
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftrecht