Kann ich als Gesellschafter die Verlegung der Gesellschafterversammlung verlangen?

Gesellschafterversammlungen sind das Herzstück der inneren Willensbildung einer Gesellschaft. Hier werden Beschlüsse gefasst, Strategien abgestimmt und Weichen für die Zukunft gestellt. Doch was tun, wenn ein Gesellschafter am angesetzten Termin verhindert ist – etwa durch Krankheit, Urlaub oder einen unaufschiebbaren Geschäftstermin?
In diesem Beitrag erfahren Sie, wann ein Anspruch auf Verschiebung besteht, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen und wie Sie Ihre Rechte als Gesellschafter wirksam durchsetzen.

1. Terminauswahl durch Geschäftsführung

Das Recht des Gesellschafters, an Versammlungen teilzunehmen und sein Rede- und Stimmrecht auszuüben, ist Kernbestandteil seiner Mitgliedschaftsrechte. Deshalb ist die Geschäftsführung verpflichtet, erkennbare Terminkollisionen zu vermeiden und Termine so zu legen, dass alle Gesellschafter teilnehmen können. Eine willkürliche oder gar schikanöse Terminauswahl – etwa mit dem Ziel, einen Gesellschafter durch eine bewusst herbeigeführte Terminkollision von der Teilnahme an einer Gesellschafterversammlung abzuhalten – ist unzulässig.

2. Anspruch auf Verschiebung bereits terminierter Gesellschafterversammlung?

Erfährt der Geschäftsführer erst nach Versand der Einladungen von der Verhinderung eines Gesellschafters, hängt es von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab, ob ein Anspruch auf Vertagung der Gesellschafterversammlung besteht. Ist der

  • Gesellschafterkreis überschaubar,
  • der Antrag des Gesellschafters auf Verlegung nicht missbräuchlich und
  • die beabsichtigte Beschlussfassung nicht unaufschiebbar,

so hat der Geschäftsführer die Gesellschafterversammlung zu verlegen. Ist die Beschlussfassung unaufschiebbar und hat der verhinderte Gesellschafter bereits im Vorweg seine Zustimmung zu der beabsichtigten Beschlussfassung signalisiert, kann indes von einer Verlegung abgesehen werden.

3. Folgen einer fehlerhaften Terminauswahl bzw. unterbliebener Terminverlegung

Wird der Termin der Gesellschafterversammlung fehlerhaft festgelegt oder weigert sich die Geschäftsführung zu Unrecht, den Termin zu verschieben, hat der betroffene Gesellschafter die Möglichkeit, im Wege einer einstweiligen Verfügung die Absage der Versammlung zu erzwingen.

Darüber hinaus kann eine unzutreffende Terminauswahl bzw. eine verweigerte Terminverlegung wegen der Verletzung des Teilnahmerechts zur Anfechtbarkeit der in der Versammlung gefassten Beschlüsse führen. Beschlüsse, die unter Verletzung des Teilnahmerechts gefasst wurden, können innerhalb der Anfechtungsfrist mit einer Anfechtungsklage angegriffen werden. Das zuständige Gericht erklärt die Beschlüsse dann für nichtig.

4. Fazit

Das Recht zur Teilnahme an der Gesellschafterversammlung gehört zum grundsätzlich unentziehbaren Kernbereich der Mitgliedschaftsrechte eines Gesellschafters. Deshalb ist die Geschäftsführung verpflichtet, bei der Terminierung der Gesellschafterversammlung Rücksicht auf die Gesellschafter zu nehmen. Wenn ein Gesellschafter an dem vorgesehenen Termin verhindert ist, sollte eine Verschiebung der Versammlung ernsthaft erwogen werden, um die zu fassenden Beschlüsse nicht angreifbar zu machen.

Sie haben Fragen zur Verschiebung der Gesellschafterversammlung oder zu Ihren Gesellschafterrechten ?

FAQ – Häufig gestellte Fragen zur Verschiebung der Gesellschafterversammlung

Das für die Einberufung zuständige Organ, d.h. in der Regel die Geschäftsführung ist für die Absage bzw. Verschiebung der Gesellschafterversammlung zuständig.

Die Einladung zur Ersatzversammlung muss unter Beachtung aller Einberufungsvorschriften erfolgen. Insbesondere muss die Ladungsfrist erneut vollständig eingehalten werden.

Wird lediglich die Uhrzeit geringfügig (z.B. um eine Stunde) verschoben, reicht eine formlose und kurzfristige Benachrichtigung der Gesellschafter über die erfolgte Verschiebung.

Nein, es besteht keine Pflicht, die Termine für eine Gesellschafterversammlung im Vorfeld mit allen Gesellschaftern abzustimmen.

Julian Veith, LL.M.
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftrecht