Kann ich meinen GmbH-Anteil ohne Zustimmung meiner Mitgesellschafter übertragen?

Die Frage, ob ein Gesellschafter seinen GmbH-Anteil ohne Zustimmung der Mitgesellschafter auf Dritte übertragen kann, beschäftigt viele Gesellschafter – insbesondere, wenn man den Geschäftsanteil aufgrund von innergesellschaftlichen Konflikten verkaufen möchte oder eine Umstrukturierung im Raum steht. Die Antwort ist rechtlich klar geregelt, aber die Praxis zeigt: der Teufel steckt oft im Detail.

In diesem Beitrag erfahren Sie, wann Sie Ihren Anteil frei übertragen können, welche Rolle der Gesellschaftsvertrag spielt und worauf man in der Praxis unbedingt achten sollte.

1. Grundsatz: Freie Übertragbarkeit von GmbH-Anteilen

Die Regelungen zur Übertragung von Geschäftsanteilen finden sich in § 15 GmbHG:

§ 15 Übertragung von Geschäftsanteilen

(1) Die Geschäftsanteile sind veräußerlich und vererblich.

(2) Erwirbt ein Gesellschafter zu seinem ursprünglichen Geschäftsanteil weitere Geschäftsanteile, so behalten dieselben ihre Selbständigkeit.

(3) Zur Abtretung von Geschäftsanteilen durch Gesellschafter bedarf es eines in notarieller Form geschlossenen Vertrags.

(4) Der notariellen Form bedarf auch eine Vereinbarung, durch welche die Verpflichtung eines Gesellschafters zur Abtretung eines Geschäftsanteils begründet wird. Eine ohne diese Form getroffene Vereinbarung wird jedoch durch den nach Maßgabe des vorigen Absatzes geschlossenen Abtretungsvertrag gültig.

(5) Durch den Gesellschaftsvertrag kann die Abtretung der Geschäftsanteile an weitere Voraussetzungen geknüpft, insbesondere von der Genehmigung der Gesellschaft abhängig gemacht werden.

Nach § 15 Abs. 1 GmbHG gilt der Grundsatz der freien Übertragbarkeit. GmbH-Anteile sind frei veräußerbar und frei vererblich. In der Praxis enthalten die meisten Gesellschaftsverträge allerdings eine sogenannte Vinkulierungsklausel, die die freie Übertragbarkeit der GmbH-Anteile nach § 15 Abs. 5 GmbH beschränken – häufig in dieser oder ähnlicher Form:

„Die Übertragung von Geschäftsanteilen bedarf der Zustimmung der Gesellschaft, die durch Gesellschafterbeschluss erteilt wird.“

Wichtig: Das GmbH-Gesetz sieht also keine gesetzliche Zustimmungspflicht bei der Übertragung von Geschäftsanteilen vor. Eine solche Zustimmungspflicht kann jedoch im Gesellschaftsvertrag geregelt sein und die Übertragbarkeit erschweren. Sieht der Gesellschaftsvertrag eine Zustimmungspflicht vor, muss die Zustimmung zur Anteilsübertragung eingeholt werden. Ohne die erforderliche Zustimmung kann der GmbH-Anteil nicht übertragen werden.

2. Wie weit kann die Übertragbarkeit des GmbH-Anteils eingeschränkt werden?

Das GmbH-Recht eröffnet den Gesellschaftern die Möglichkeit, durch satzungsmäßige Beschränkungen der Anteilsübertragung gezielt Einfluss auf den Gesellschafterkreis zu nehmen und diesen zu steuern. Die Gesellschafter verfügen insoweit über einen weiten Gestaltungsspielraum. So kann der Gesellschaftsvertrag eine einfache Zustimmungsklausel vorsehen, nach der die Abtretung von Geschäftsanteilen der Zustimmung der Gesellschafterversammlung bedarf. Denkbar sind aber auch Regelungen dahingehend, dass die Zustimmung nur bei einer Übertragung des GmbH-Anteils an einen außenstehenden oder familienfremden Dritten erforderlich ist oder dass die Übertragung an zusätzliche Bedingungen geknüpft werden – etwa an die Übernahme bestimmter Verpflichtungen durch den Erwerber oder an dessen berufliche Qualifikation oder besondere fachliche Eignung. Rechtlich zulässig ist auch der vollständige Ausschluss der Abtretung von GmbH-Anteilen. In diesem Fall steht dem Gesellschafter ein Austritts- bzw. Kündigungsrecht zu.

Wichtig: Bevor ein Anteil übertragen werden soll, muss im Gesellschaftsvertrag genau geprüft werden, unter welchen Voraussetzungen eine Übertragung möglich ist.

3. Sofern die Übertragung der Zustimmung der Gesellschafter bedarf, steht die Erteilung der Zustimmung im freien Ermessen der Gesellschafter?

Enthält der Gesellschaftsvertrag keine anderweitigen Vorgaben, hat die Entscheidung der Gesellschafter im Rahmen der Gesellschafterversammlung nach pflichtgemäßem Ermessen zu erfolgen. Dabei sind insbesondere der Grundsatz der Gleichbehandlung, die gesellschafterliche Treuepflicht sowie die wechselseitigen Interessen zu beachten. Eine Verweigerung der Zustimmung ist in diesem Fall nur zulässig, wenn sie erforderlich und verhältnismäßig ist.

Steht die Entscheidung über die Zustimmung nach den Regelungen des Gesellschaftsvertrags im freien Ermessen der Gesellschafter, so wird die Entscheidung der Gesellschafter nur durch das Verbot rechtsmissbräuchlichen Verhaltens beschränkt.

4. Muss die Zustimmung einstimmig erfolgen und darf der veräußerungswillige Gesellschafter mitstimmen?

Die Mehrheitserfordernisse ergeben sich aus dem Gesellschaftsvertrag. Enthält der Gesellschaftsvertrag keine Regelung zu den Mehrheitserfordernissen, genügt für das Zustandekommen des Zustimmungsbeschlusses die einfache Mehrheit. Der veräußerungswillige Gesellschafter ist bei der Beschlussfassung stimmberechtigt.

5. Ist die Übertragung von GmbH-Anteilen formbedürftig?

Die Übertragung von GmbH-Anteilen ist ein formbedürftiges Rechtsgeschäft, das der notariellen Beurkundung bedarf. Dies ergibt sich auf § 15 Abs. 3 GmbHG. Das bedeutet, dass der Vertrag, der die Verpflichtung zur Abtretung begründet, als auch das Verfügungsgeschäft (Abtretung der Anteile) von einem Notar beurkundet werden muss.  Ohne die notarielle Beurkundung ist der Vertrag über die Abtretung von GmbH-Anteilen trotz bestehender Zustimmung der Gesellschafterversammlung unwirksam und entfaltet keine Rechtswirkung.

6. Fazit

In den meisten Fällen ist aufgrund der Regelungen im Gesellschaftsvertrag die Zustimmung der Gesellschafter bzw. der Gesellschafterversammlung erforderlich. Wenn Sie einen Anteil übertragen möchten, sollten Sie daher:

  1. den Gesellschaftsvertrag sorgfältig prüfen,
  2. gegebenenfalls rechtzeitig die Zustimmung der Gesellschafterversammlung einholen und
  3. den Verkauf/die Schenkung sowie die Abtretung notariell beurkunden lassen.

Sie haben Fragen zur Übertragung von GmbH-Anteilen?

FAQ – Häufig gestellte Fragen im Zusammenhang mit der Zustimmung zur Übertragung von GmbH-Anteilen

Wird ein GmbH-Anteil ohne die erforderliche Zustimmung übertragen, ist die Übertragung rechtlich unwirksam. Das heißt, der Erwerbsinteressent wird nicht Gesellschafter. Vielmehr verbleibt der GmbH-Anteil beim bisherigen Gesellschafter, der sich womöglich gegenüber dem Erwerbsinteressent schadenersatzpflichtig macht.

Die Gesellschafterversammlung hat die Zustimmung zu erteilen und mitzuteilen. Die Gesellschafterversammlung kann auch den Geschäftsführer mit der Mitteilung der Zustimmungserklärung beauftragen.

Die Erteilung bzw. Mitteilung der Zustimmung kann gegenüber dem veräußerungswilligen Gesellschafter oder dem Erwerbersinteressenten erfolgen.

Julian Veith, LL.M.
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftrecht